Einwand Wilhelm Bruns
"Hinsichtlich des hier in Frage stehenden Nutzungsbereiches 29.1, Natberger Feld, vertrete ich allerdings eine völlig entgegen gesetzte Meinung und lege ausdrücklich Einspruch gegen das
Vorhaben ein."
Wilhelm Bruns, Greifswalder Str. 8,49143 Bissendorf
An die
Gemeinde Bissendorf
29. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Bissendorf
Hier: Einspruch gegen den Planabschnitt 29.1 für das Natberger Feld
Bissendorf, den 09.05.2011
Sehr geehrte Damen und Herren,
soeben habe ich mich im Anhörungsverfahren gem. § 63 Bundesnaturschutzgesetz für die anerkannten Naturschutzverbände NABU, Nds. Heimatbund (NHB) und dem Nds. Landesverband Deutscher Gebirgs- und
Wandervereine (kurz: Wanderverband Nds.) als Beauftragter für Stellungnahmen für den Raum Bissendorf - Osnabrück mit ihrem Antrag zur Änderung der VO zum Schutz von Landschaftsteilen im Naturpark
Nördlicher Teutoburger Wald – Wiehengebirge auseinandergesetzt und beschäftigt. Der Nutzungsbereich 29.3 stand hier zur Debatte, der sich unterhalb des Steinbruchs Sundermeyer befindet. Ihrem
Antrag zur Entlassung der Flächen aus dem LSG konnte ich in der kurzen gemeinschaftlichen Stellungnahme der o.a. Verbände nebst Kompensationsplan befürworten. Hinsichtlich der Kompensation hätte
ich vielleicht eine Einbringung von Flächen in einen Flächenpool im Flurbereinigungsgebiet Bissendorf als „Wiesenvogelschutzgebiet Nemden“ vorgezogen. Dieses Gebiet ist sowohl im
Landschaftsrahmenplan des LK OS, im Landschaftsplan der Gemeinde Bissendorf als auch im Entwicklungsplan der Gemeinde Bissendorf ausdrücklich als Flächenpoolbereich angesprochen. Eine weitere
Zersplitterung der Kompensation ist undiskutabel und geht an den Zielen vorbei, obwohl ich in Schledehausen bei einer Überprüfung des Kompensationsbereiches 2 Brutvorkommen des Kiebitz
festgestellt habe und daher nicht zu verachten ist.
Hinsichtlich des hier in Frage stehenden Nutzungsbereiches 29.1, Natberger Feld, vertrete ich allerdings eine völlig entgegen gesetzte Meinung und lege ausdrücklich Einspruch gegen das Vorhaben
ein.
Ich folge hier in allen Punkten, sowohl was die Problembeschreibung angeht, als auch, was zu den Prognosen der Gewerbegebietentwicklung/-planung ausgesagt wird, der ausführlichen und fachlich gut
fundierten Stellungnahme der Stadt Osnabrück. Die Stadt Osnabrück versagte das Einvernehmen mit der Gemeinde Bissendorf. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Hinsichtlich des inzwischen erfolgten Zielabweichungsverfahrens sind ebenfalls die Würfel gefallen, und die Stadt Osnabrück klagt gegen die Entscheidung des Landkreises. Gegen diese Entscheidung
des LK Osnabrück möchte ich hiermit ebenfalls Protest anmelden, da diese aus Anlass der bereits vorangegangenen Ereignisse im Zusammenhang mit der Ansiedlung der Firma Koch Spedition gesehen
werden muss, und vor diesem Hintergrund nicht neutral erscheint.
Zu verschiedenen Schutzgütern möchte ich gezielt einige Hinweise geben, die bisher in der allgemeinen Diskussion unbeachtlich blieben und meine Bedenken gegen die Planung erhärten:
- Boden: Unter Hinweis auf die Bedenken der Landwirtschaftskammer möchte ich nochmals ausdrücklich auf die Boden fressende Bebauung des in Frage stehenden Gewerbegebietes hinweisen und auf die
dadurch entstehende Behinderung des Landwirtes Drees aufmerksam machen. Der Grundsatz des sparsamen Umganges mit Grund und Boden wird deutlich missachtet, obwohl von Fachverbänden und
insbesondere vom Sachverständigenrat für Umweltfragen immer wieder auf die allgemein hohen Bodenverbräuche hingewiesen wird.
- Wasser: Es gibt Hinweise dafür, dass die Kläranlage der Gemeinde Bissendorf zu klein ausgelegt ist. Nach einer schon seit geraumer Zeit zurückliegenden Erweiterung sind inzwischen viele neue
Wohnquartiere und Gewerbegebiete hinzugekommen und dadurch die Einwohnergleichwerte erheblich gestiegen. Bei Niedrigwasser der Vorfluter Rosenmühlenbach aber auch des Hauptvorfluters Hase ergibt
sich, dass die Wasserqualität schon rein optisch als Verschlechterung auszumachen ist. Man kann eine deutliche, ins milchig gehende Wassertrübe feststellen. Ferner schwimmen auf der
Wasseroberfläche Schaumkronen und im Wasser gelöste Schlammpartikel. Eine strichprobenartige Suche nach Bioindikatoren führte zu schlechten Ergebnissen, so dass eine Wassergütebewertung der Stufe
II deutlich in Zweifel gezogen werden muss. Sie liegt beim sommerlichen Niedrigwasser eher bei der Stufe III. Leider wird eine amtliche Wassergütebeprobung meist bei Wasserverhältnissen
durchgeführt, die zu günstigen Ergebnissen führt. Ich möchte behaupten, dass beim sommerlichen Niedrigwasser die Abläufe der Bissendorfer Kläranlage die Hauptwasserzufuhr des Vorfluters
Rosenmühlenbach bildet. Für Kleinlebewesen und Fische bedeutet das auf Dauer eine stetige Verschlechterung ihres Elements. Bis auf Dreistacheliger Stichling sind andere empfindliche Fischarten
als Indikatoren nicht mehr feststellbar. Im gesetzlich geschützten Biotop Rosenmühlenteich, der vom gleichnamigen Bach gespeist wird, und in dem noch vor wenigen Jahren eine große Population
Erdkröten und Grasfrösche ablaichten, ist die Population vermutlich auf Grund der Verschlechterung der Wasserqualität zusammengebrochen. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Kläranlage mittlerweile
zu klein ausgelegt ist. Dieses widerspricht ganz eindeutig den Zielen der EG-Wasserrahmenrichtlinie, die bis 2015 für Fließgewässer eine günstige ökologische Struktur anpeilt und nicht etwa eine
Verschlechterung.
- Oberflächenwasser: Durch Kyrill und Cathleen hat es kurz hintereinander 2 mächtige Sturmtiefs gegeben, die Bissendorf an den Rand einer Katastrophe brachte. Im nahe gelegenen Osnabrück wurde
Katastrophenalarm ausgelöst. Ich wende mich gegen eine weitere große Flächenversiegelung in Natbergen, die zu einer weiteren Verschärfung künftiger Hochwassersituationen führt. Durch voll
gelaufene Keller sind viele Bissendorfer Oberlieger (auch ich) durch den sich zurück stauenden Rosenmühlenbach betroffen worden. Ich halte es für ausgeschlossen, - zumal die eindeutigen Prognosen
der Klimaforscher und Wasserfachleute vor einer immer mehr sich verschärfenden Unwettersituation warnen, dass ein viel zu klein ausgelegtes Regenrückhaltebecken am Rande des Gewerbegebiets 29.1
dazu beiträgt, ein Hochwasser zu entschärfen. Ich füge dieser Aussage ein Luftbild bei, das die verheerende Hochwassersituation in Natbergen belegt. Allein angesichts dieses Bildes sollten einem
jeden Bedenken kommen, hier ein neues Gewerbegebiet einzurichten.
- Schönheit, Vielfalt und Eigenart der Landschaft: Die Urheber der Regionalplanung und des Landschaftsrahmenplanes stuften aufgrund der Landschaftskulisse den Planungsraum 29.1 als ein
Vorranggebiet zur Trinkwassergewinnung und der Freiraumplanung sowie als Vorsorgegebiet für Erholung und Landwirtschaft ein. Durch eine Überbauung des Gebietes mit profanen Zweckbauten, die zudem
mit Baumaterialien errichtet werden, die sich fast nie einer Naturraumkulisse wirklich anpassen, besteht die Gefahr, dass die Eigenart, Schönheit und Vielfalt unwiederbringlich entwertet wird.
Daran wird auch ein ausgeklügelter landschaftspflegerischer Begleitplan wenig ändern.
Streng geschützte Brutvogelarten der Feldmark 29.1, - stellvertretend seien angeführt: Goldammer, Rebhuhn, Hänfling, Schafstelze, Feldsperling -, werden verdrängt und verlieren ihren
Lebensraum. Fast alle der genannten Arten sind in der Roten List Nds. in einer bestimmten Gefährdungskategorie aufgeführt. Gerade bei den früher häufigen Vögeln der Feldmark ist in letzter
Zeit ein eklatanter Rückgang zu verzeichnen. Weiterhin sind eine Reihe von Vogelarten bemerkenswert, die in den Waldrandbereichen leben und den Lebensraum Acker zur Nahrungsaufnahme
aufsuchen. Auch Amphibien seien an dieser Stelle genannt (Erdkröte, Grasfrosch, Teichmolch, Bergmolch), die in den angrenzenden Kleingewässern ablaichen und zum Teil lange Wanderungen
unternehmen, die auch das in Frage stehende Gebiet berühren. Ferner sei auf das Vorkommen der hochgefährdeten Breitflügelfledermaus verwiesen, für die der Verlust des Lebensraum sich
existenziell auswirken kann.
Blickt man heute von Natbergen aus in Richtung zur Achelrieder Kirche, über die Parklandschaft des Rosenmühlenbruches, ergibt sich dem Betrachter ein Landschaftsbild, dem sich kaum einer in
seiner Schönheit entziehen kann. Die historische Kirche unterstreicht diesen Gesamteindruck aus der Ferne. Durch den Querriegel des Gewerbegebietes wird dieser Panoramablick nachhaltig gestört.
Nur ganz robuste naturferne Gemüter werden für diesen Reiz nichts empfinden. In umgekehrter Blickrichtung von der Kirch- bzw. von der Kläranlage Bissendorf aus, stößt unser Blick in der Ferne
unweigerlich gegen die naturfernen Zweckbauten, die auch kaum durch eine noch so gute Eingrünung zu verschönern ist.
Alles in allem halte ich den Gewerbestandort an dieser Stelle für nicht geeignet.
Mit freundlichen Grüßen
Wilhelm Bruns