Lobbyisten-Alarm

Kühe auf der Weide
Blick auf den Hof Drees

Im letzten Bissendorfer Blickpunkt erschien ein Artikel einer „MIT – Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Osnabrück-Land, Ortsverband Bissendorf“ zum geplanten Gewerbegebiet „Natberger Feld“ (s.u.), den wir nicht unkommentiert lassen möchten.

 

  1. Auf ihrer Homepage präsentiert sich die „MIT“ als: „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT) in Osnabrück-Land und Stadt“. Laut ihrer Satzung ist sie „eine Vereinigung im Sinne des Statuts der CDU Deutschlands“ und eng an die CDU-Regularien gebunden. In dem Blickpunkt-Artikel wird die enge Verbindung mit der CDU allerdings verschwiegen.
  2. Der Artikel wirft uns – der Bürgerinitiative Schönes Natbergen – mangelndes Demokratieverständnis vor, weil wir seit 11 Jahren die Planungen zum Gewerbegebiet Natberger Feld „blockiert“ hätten und weiterhin damit drohen, gegen die Planung zu klagen.
    „Blockiert“ hätten wir die Planung tatsächlich sehr gerne, hatten dazu aber leider nie die nötige Mehrheit. Dass die Planung noch nicht verwirklicht wurde, ist daher nicht unser Erfolg (so gerne wir ihn auch in Anspruch nehmen würden), sondern vielmehr Unvermögen der Beteiligten.
    Zum Thema Demokratieverständnis möchten wir nur kurz darauf verweisen, dass die Gewaltenteilung in Deutschland eine der Grundsäulen der Demokratie ist. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Entscheidungen der Politik anzuzweifeln und ggf. juristisch prüfen zu lassen. Die Stärke einer Demokratie zeichnet sich nicht durch die Macht einer Mehrheit aus, sondern dadurch, wie die Mehrheit mit der Minderheit umgeht (Bundestagspräsident a.D. Norbert Lammert, CDU).
  3. Der MIT-Artikel wundert sich, wie wir zu der Auffassung kommen würden, dass das geplante Gewerbegebiet „hässlich“ werden würde. So sei es doch der Firma Solarlux in Melle gelungen, einen „hochmodernen Gewerbekomplex harmonisch in die Landschaft einzufügen“.
    Unsere Begründung hatten wir eigentlich mit unserer Befürchtung gleich mitgeliefert. Wir hatten dargestellt, dass aufgrund der hohen Kosten dieses Gewerbegebiets ein hoher Druck zur Zweckmäßigkeit herrscht, der architektonische Rücksichtnahme eher unwahrscheinlich macht. Und dass Rücksichtnahme in diesem Bauleitverfahren auch gar nicht vorgesehen ist. Im Gegenteil: Es sollen die Maximalwerte bei Lärm, Verkehrsbelastung und Flächenausnutzung gelten. Wir können aber gerne noch die Aussage des damaligen Bissendorfer Bauausschussvorsitzenden Heckmann hinzufügen, der vorschlug, das Projekt doch zu „verwallen“, wenn es die Landschaft störe. Oder die Zeichnung, die die Planungsfirma zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung am 25. Juni 2013 präsentierte, auf der ein riesiger brauner Klotz das Natberger Feld beherrscht. 
  4. Es wird weiter behauptet, wir hätten die Firma Solarlux aus Bissendorf vertrieben.
    Der Vorwurf ist nicht neu, wird aber auch durch permanente Wiederholung nicht wahr. Daher halten wir fest: Ursache für den Rückzug der Firma waren nach Aussagen von Solarlux-Mitinhaber Stefan Holtgreife ergebnislose Verhandlungen in Bissendorf. Die BI hatte aber gar nicht verhandelt, sie war von Verhandlungen sogar ausdrücklich ausgeschlossen worden.
  5. Der Artikel lobt uns für unsere Erkenntnis, dass die Einkommenssteuer stärker zur Gemeindefinanzierung beiträgt als die Gewerbesteuer. Daraus werden aber keine Schlüsse gezogen. Es wird nicht gefragt, warum das so ist und welche Folgen das hat, sondern lediglich der Anspruch formuliert, dass die Gewerbesteuer jetzt quasi nachziehen müsse, weil sie „unterhalb der Planung liegt“.
    Wir denken nicht, dass es eine Pflicht zur Gewerbesteuer gibt. Vielmehr glauben wir, dass Bissendorf seine Qualitäten als Wohnort ausbauen sollte, statt ominösen Lobbyistenplänen zu folgen. Und dass man bedenken sollte, dass die Stärkung des Gewerbestandorts Bissendorf die Attraktivität des Wohnorts Bissendorfs mindert.
  6. Es wird behauptet, dass die Gemeinde in Vorleistung gehen müsse, um Gewerbeflächen auszuweisen.
    Das ist nicht richtig. Das Baurecht sieht sogenannte „vorhabenbezogene“ Planungen vor, die von den „Vorhabenträgern“ finanziert werden. Wenn also Interesse an einer Ansiedlung besteht, kann der Interessent zur Übernahme der Planungskosten herangezogen werden.
  7. Die MIT wehrt sich gegen die Behauptung, dass Firmen gerne Steuern sparen würden. Das passt allerdings nicht zu Aussagen auf ihrer eigenen Homepage, auf der sie Wachstums-Panik verbreitet und Abgabenerleichterungen für Firmen fordert: „Vorfahrt muss jetzt alles haben, was Unternehmen entlastet, Arbeit erleichtert und Wachstum schafft“.
  8. Ganz besonders problematisch finden wir die Formulierung, die MIT wolle nicht „tatenlos weiter zusehen“, wenn wir unsere Sicht der Dinge verbreiten.
    Was soll das denn bedeuten? Sollen wir einen Maulkorb kriegen? Ist das eine Drohung? Müssen wir jetzt hier wegziehen?

Offenkundig handelt es sich bei dem MIT-Artikel um eine Lobbyisten- und/oder Undercover-Aktion aus dem Umfeld der CDU/CSU mit dem Ziel, die BI zu verunglimpfen und den Weg für ein Industriegebiet in Natbergen zu ebnen. Dafür werden falsche und tendenziöse Behauptungen aufgestellt und an traditionelle Bilder und Stereotypen angeknüpft. Beispielsweise der alttestamentarische Vergleich mit dem Bauern, der die Saat ausbringt um ernten zu können. Auch auf der MIT-Homepage wird man mit einem Foto eines landwirtschaftlichen Fachwerkhofs aus dem Artland begrüßt. Die MIT suggeriert damit Traditionsbewusstsein und Heimatgefühl.

 

In der Realität arbeitet die MIT aber am Gegenteil: Die Gewerbeplanung im Natberger Feld bedroht die Landwirtschaft und die Existenz der Familie Drees, die den einzigen noch verbliebenen landwirtschaftlichen Vollerwerbshof der Bauerschaft Natbergen betreibt. Dr. Johannes Drees (1894 – 1944) war u.a. Reichstagsabgeordneter der Zentrumspartei, der Vorgängerin der CDU/CSU.

 

Artikel der MIT im Bissendorfer Blickpunkt vom April 2019
Artikel der MIT im Bissendorfer Blickpunkt vom April 2019

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